SRM – zu Besuch beim Pionier der Leistungsmessung

Das Rheinland gilt nicht unbedingt als Mekka des deutschen Radsports. Obwohl zahlreiche Profis und Ex-Profis wie André Greipel, Nils Politt, Gerald Ciolek oder Rick Zabel dort leben und trainieren. Obwohl Rund um Köln das älteste Eintagesrennen Deutschlands ist. Und obwohl mit SRM ein Unternehmen dort seinen Sitz hat, ohne das der moderne Radsport nicht zu denken ist. Bei einer Betriebsbesichtigung haben Radclub-Mitglieder nicht nur hinter die Kulissen geschaut, sondern auch Radsporthistorie nacherlebt.

Mit Gorilla im Nacken: die Radclub-Gäste bei SRM in Jülich. Rund 20 MitarbeiterInnen entwickeln und montieren hier die SRM-Produkte. Daneben hat SRM Standorte in den USA (Colorado Springs), in Italien (Lucca) und China.

Denn: Der Firmensitz von SRM in Jülich bei Köln atmet Radsportgeschichte, kaum ein Winkel, in dem nicht ein Fahrrad oder Trikot mit langer Tradition hängen (siehe die Bildergalerie unten). Beim Gang durch die Firma wird sofort klar: Hier sitzt der Pionier der Leistungsmessung. 1986 ging es seinerzeit los mit den ersten Powermetern weltweit, als Ulrich Schoberer, selbst passionierter Radfahrer, den ersten in einer Kurbel integrierten Powermeter herstellte und im selben Jahr ein Patent anmeldete. 1989 folgte die erste kommerzielle Version – Beginn einer langen Geschichte der Herstellung von Leistungsmessern für den Radsport. Zu den früheren und heutigen Radprofis, die auf SRM-Produkte gesetzt haben, gehören Tadej Pogacar, Greg Lemond, Mario Cippolini, Paolo Bettini, Erik Zabel, Vincenzo Nibali, Nicole Cooke, Marta Bastianelli, Greg Van Avermaet und Mark Cavendish.

Und doch ist es bei so vielen Pionieren so, dass sie im Laufe der Entwicklung zu kämpfen haben. Man denke an die Suchmaschine Altavista, die heute kaum noch jemand kennt – wohl aber Google. Auch SRM kämpft damit, vorne dran zu bleiben. Der Wettbewerb für den Pionier der Leistungsmessung ist heute scharf, mit Firmen wie Garmin, Wahoo, Shimano, Rotor, Power2Max oder Stages, die um Marktanteile kämpfen. „Wir reagieren natürlich auf den Wettbewerb, deshalb bauen wir beispielsweise auch Pedale“, erklärte schon Firmenchef Ulrich Schoberer 2020 bei einem früheren Firmenbesuch den Radclub-Gästen. Gab es Mitte der 1990er kaum ein Profiteam, das ohne SRM-Messung fuhr, ist aktuell nur noch Cofidis an Bord – zumindest offiziell, hinzu kommen einige Profis wie Thomas Pidcock, munkelt man, die im Training mit SRM fahren, um im Rennen den offiziellen Sponsoren den Vorzug zu lassen.

Neben dem schärferen Wettbewerb liegt es womöglich aber auch an der Firmenphilosophie, dass SRM nicht mehr in der pole position unterwegs ist. Denn die DNA von SRM ist: Zuverlässigkeit. Langlebigkeit und Nachhaltigkeit. Aber nicht unbedingt: Schnelligkeit bei der technologischen Entwicklung. Die Devise von Ulrich Schoberer lautete lange Zeit: Erstmal abwarten, ob eine Innovation tatsächlich Sinn macht und auch von den SportlerInnen nachgefragt wird. Doch inzwischen gibt es in Jülich ein Umdenken, zahlreiche Prototypen sind im Einsatz, bei den nächsten Produktneuheiten werden viele neue Funktionen erwartet, längst sind auch hier 3D-Drucker im Einsatz, um schneller Innovationen voranzutreiben. Beispielhaft sind die Pedal-Powermeter, bei denen SRM mit dem XPower seit 2020 mächtig Boden gut macht. Noch im Sommer soll die Road-Version des XPower auf den Markt kommen, die sehr leicht ist und extrem präzise misst – selbst das Drehmoment kann sich die FahrerIn anzeigen lassen.

Ob Kurbel- oder Pedal-Powermeter: Die Ansprüche an die Geräte sind immens: Sowohl bei -10 Grad als auch +40 Grad müssen sie gut funktionieren, bei jeder Wetterlage valide Daten anzeigen – und dabei auch permanente Schläge durch Unebenheiten auf der Straße oder im Wald aushalten. Darin sind die SRMs gut, schon immer gewesen. Alle zwei bis drei Jahre (oder nach 500 bis 700 Stunden) eine neue Batterie fürs Kurbel-Powermeter, und weiter geht die Fahrt.

Und läuft und läuft und läuft – wäre dies nicht ein Werbespruch für den VW Käfer gewesen, könnte man ihn sich in Jülich auf die Fahnen schreiben.


Das Haus der Memorabilia

Direkt am Empfang hängt die Straßenmaschine von Lance Armstrong – das Bike seines ersten Tour de France-Sieges.

Auch das Gelbe Trikot erinnert an Armstrongs Siege in Frankreich.

Hier lässt Jens Heppner grüßen.

Ein Cervelo-Rad von Jens Voigt.

Auf diesem Bike hat Jan Ullrich sein letztes Zeitfahren gewonnen.

Eine weitere Zeitfahrmaschine von Jan Ullrich. Das Besondere: steht zwar Pinarello drauf, der Rahmen wurde aber von einem anderen (Schweizer) Hersteller gebaut.

Auch im Triathlon wird auf SRM-Expertise gesetzt, wie die Zeitfahrmaschine des Iron-Man-Gewinners Patrick Lange zeigt.

Mit dem Team Telekom war SRM eng verbunden, hier die Unterschriften der Fahrer von 2007 – auch der R2C2-Sportliche Leiter Gerald Ciolek hat sich dort verewigt.

Die Evolution der Produkte

1986 ging es los mit den ersten Powermetern weltweit, als Ulrich Schoberer den ersten in einer Kurbel integrierten Powermeter herstellte und im selben Jahr ein Patent anmeldete.

Fast 100 Jahre zuvor wurde bereits in Frankreich ein Patent für einen Leistungsmesser angemeldet, wie die Kopie der Patentanmeldungen zeigt.

1989 folgte die erste kommerzielle Version.

Die ersten Displays des Powercontrol stammten ursprünglich von Casio-Taschenrechnern.

Schon in den 1990ern hat SRM Pedal-Powermeter entwickelt, zusammen mit Look. Doch der Einsatz von Kabeln erwies sich als zu anfällig.

2019 brachte SRM einen eigenen Indoortrainer auf den Markt, Zielgruppe sind neben passionierten Rennradfahrern insbesondere Bikefitting-Anbieter. Der „Panzer“ unter den Indoortrainern wird er genannt: unverwüstbar, mit minimalem Einsatz von Elektronik. Auch diese Geräte werden von SRM auch viele Jahre nach dem Kauf noch gewartet. Getriebe überholt, neue Farbe – fast wieder wie neu.

2019 brachten SRM und Look mit dem Exakt-Pedal erneut ein Pedalpowermeter auf den Markt. Inzwischen ist die Kooperation ausgelaufen.

Fast zwei Jahre hat SRM für die Entwicklung des ersten marktreifen SPD-Pedals mit Powermessung (in der Achse integriert) benötigt. Zielgruppe: Gravel-, Cross- und MTB-Fahrer. Im April 2020 startete der Vertrieb – mitten in der Corona-Zeit, als einzelne Teile kaum zu beschaffen waren. Inzwischen läuft alles rund.

Heute gibt es das XPower-Pedale in verschiedenen Farben. Und auch als Flat-Pedal für BMX ist das XPower erhältlich.

Noch nicht auf dem Markt, aber für die Radclub-Besucher schon zu sehen: XPower für die Straße, mit SPD-SL-Body.

Mit dem PowerControl 8 hat SRM weiterhin einen Fahrradcomputer im Portfolio, in der mittlerweile siebten Generation. Ein Gerät, das konsequent primär Daten zur Leistungsmessung anzeigt – nicht aber Karten oder Ähnliches.

Hier werden PC8 gebaut und gewartet. Seit 2013 ist das Gerät auf dem Markt. SRM will am Computer auch in Zukunft festhalten.

Der Blick in den Maschinenraum

Ein Dehnmessstreifen misst an der Pedalachse die Kraft. Das ist Hightech.

Service wird bei SRM groß geschrieben – eines der Aushängeschilder der Firma. Teilweise sind die Geräte, die hier repariert oder gewartet werden, über 20 Jahre alt – Nachhaltigkeit pur. Nur wenn es Ersatzteile nicht mehr gibt, wird kapituliert. In der Regel bekommt die Service-KundIn das Gerät binnen zwei Wochen zurück.

Jedes Powermeter, das in Jülich gefertigt oder überholt wird, muss am Ende den Test am Prüfstand überstehen, wo kalibriert wird.

Verschiedene Kurbellängen bietet SRM an – der Trend geht eindeutig zu kürzeren Formaten. Vorteil: die Knie werden besser geschont, dafür müssen höhere Kadenzen gefahren werden.

Eine Test-Apparatur à la SRM: 5 Powermeter können hier gleichzeitig getestet und verglichen werden, Pedale und Kurbeln.

Trotz der großen Nachfrage nach Pedal-Powermetern geht SRM nicht davon aus, dass Spider-Powermeter vom Markt verschwinden werden. Diese seien viel robuster, könnten bis zu 15 Jahre halten, erklärt Firmenchef Ulrich Schoberer – während ein MTB-Profi pro Saison auch schon mal zwei bis drei Pedale verschleiße.


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