Keine 100 Meter vom Zielstrich entfernt liegt Jörg auf dem Boden. Zerstört vielleicht nicht, aber das R2C2-Mitglied der ersten Stunde keucht ganz schön. „Das ist anstrengender als meine bisherigen Rennen“, lautet sein Fazit nach dem ersten Mal – seinem ersten Cross-Rennen.
Wer Jörg kennt, für den ist sein Erschöpfungszustand ein ungewohntes Bild. Bei so manchem Straßen-Rennen schien sich doch am Ende kaum eine Schweißperle auf die Stirn oder in die Ausläufer seines Backenbarts verirrt zu haben. Wenn andere schwächeln, kommt Jörg erst so richtig in Fahrt – so war das schon oft der Fall. Nicht in München.
30 Minuten zuvor: Mit einem Freund steht Jörg ziemlich am Ende des Starterfelds beim Supercross im Münchner Olympiastadion. Fast wäre er zu spät in den Block gerollt. Und kaum ist er dort angekommen, machen sich die ersten Fahrer vorne auf den Weg.
Ganz vorne prescht Paul Voß, früherer Radrennfahrer u.a. bei Bora-Argon 18 und Team Milram, davon – um am Ende mit großem Abstand einen ungefährdeten Start-Zielsieg zu feiern (in die Wertung kommt Voß wegen seiner Profi-Vergangenheit bei den Hobby-Fahrern indes nicht, offiziell siegt am Ende Lukas Bobinger nach 27:57 Minuten).
Nach dem Start-Sprint schnellt Jörgs Puls in die Höhe – und bleibt auch während des gesamten Rennens ziemlich weit oben. Längere Flachstücke zum Erholen gibt es nicht. Und bei den Abfahrten gilt es, permanent auf seine Fahrlinie zu achten, um nicht wegzurutschen – oder sich gar zu verbremsen und über den Lenker abzusteigen.
Besonders die drei Anstiege haben es in sich. Wo die Profis noch hochlaufen, ist bei Jörg & Co. langsames Schieben oder gemächlicher Aufstieg mit geschultertem Rad angesagt. Mehr geht nicht. Überholen ist im Crossrennen ebenfalls nicht leicht, da der 2,7 Kilometer kurze Parcours meist schmal ist. Leicht zu meistern sind dagegen die Bodenwellen, die zwischendurch für viel Fahrspaß sorgen – bevor der nächste Aufstieg folgt.
In der ersten Runde ist die Anspannung Jörg noch ins Gesicht geschrieben, kurz darauf löst sie sich, er hat sichtlich Spaß am Rennen, absolviert Runde um Runde – bis Paul Voß und Lukas Bobinger schließlich im Ziel sind. Über acht Minuten später rollt auch Jörg über die Linie, mit einem Bunny Hop beendet er sein erstes Cross-Rennen, fährt an die Seite und legt sich erstmal auf den Boden, ausruhen.
„Bei diesem Rennen ist mehr Konzentration als bei Straßenrennen gefragt“, vergleicht er, kaum wieder zu Atem gekommen – „das macht mir aber auch mehr Spaß!“
In Jörgs Gedanken rinnt bereits das kühle, helle Bier die Kehle herunter, eine wohlverdiente Belohnung. Doch dann erfährt er, dass er sich mit Platz 30 für das Finale qualifiziert hat. „Echt?“ In zwei Stunden geht es also nochmal auf die Strecke. Auf Platz 51 von 53 landet er bei seinem zweiten Cross-Rennen. Müde, aber glücklich. Das nächste Rennen? Längst geplant – gleich am kommenden Wochenende.