„Ein Genuss, in der Kette über lange Alleen und Felder zu ballern“

Der R2C2 war mit einigen Mitgliedern beim Sparkassen Münsterland Giro vertreten – ein hochkarätiges Saisonabschlussrennen, sowohl für Jedermannfahrer als auch Profis. Hartmut Ulrich, Geschäftsführer der BVA BikeMedia, berichtet über seine Erfahrungen.

Ein Radmarathon und ein schnelles Rennen wie der Münsterland Giro sind so vollkommen unterschiedliche Kategorien – das heißt Äpfel mit Birnen vergleichen. Bei einem Radmarathon kämpfst Du mit den Höhenmetern, mit brutalen Anstiegen teilweise bis 18 Prozent, mit drei oder vier langen Bergpässen – und spätestens nach 200 Kilometern mit dem „Mann mit dem Hammer“. Vor allem aber ist ein Radmarathon ein Kampf mit Dir selbst: mit dem Körpergewicht, der Herzfrequenz, Deinem Willen, dem Schmerz.

Der Münsterland Giro hingegen ist ein schnelles Rennen, technisch, taktisch – aber auch sehr toll. Die wenigen Höhenmeter selektieren das Feld kaum, die Verpflegung spielt eine eher nachgeordnete Rolle. Dafür ist die Taktik enorm wichtig, das kluge Windschattenfahren, die Kurven, wie viel Kraft man selbst investiert, um die Pace hoch zu halten, Lücken zuzufahren und auf die nächste Gruppe aufzuschließen. Wenn du kein eigenes eingespieltes Team hast, brauchst du viel Glück, um die „richtigen“ Gruppen zu finden, die nicht zu schnell und nicht zu langsam für Deine Möglichkeiten fahren, sie aggressiv genug sind – aber auch nicht zu risikobereit.

Wir (Daniel, Alex und ich) starten über die 107 Kilometer, ein paar aus dem R2C2-RennRad Cycling Club waren schlauer als wir, die starteten eine dreiviertel Stunde später über die 130 Kilometer. Hätte ich auch mal machen sollen. An einem wolkenverhangenen Oktobermorgen um zehn vor sieben ein Radrennen zu beginnen, bedeutet, noch bei Dunkelheit aus der Unterkunft die fünf Kilometer zum Start zu eiern und sich darüber zu ärgern, kein Licht mitgenommen zu haben.

Warten auf den Start am frühen Morgen.

Zum Glück ist Münster die fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands, und so ist der Weg zum Start trotz der Dämmerung völlig sicher und problemlos. Wir starten in Block C – wer zum ersten Mal dabei ist, darf nicht weiter vor. Heißt: Du kämpfst dich von Anfang an durchs Feld nach vorne, immer mit der gebotenen Vorsicht. Die Straßen sind nass und rutschig, es liegt schon Herbstlaub in vielen Kurven, es gibt Kopfsteinpflasterpassagen, Verkehrsinseln und etliche Abschnitte, bei denen sich die Strecke abrupt verengt. Und am Anfang sind immer alle überambitioniert und hektisch.

Die Landschaft ist wirklich grandios, ein Genuss, in einer langen Kette über diese langgezogenen Alleen und Felder zu ballern. Der Wind hat ein Einsehen, zumindest in der ersten Hälfte des Rennens, und so steht bei Kilometer 40 ein satter 39er-Schnitt auf meinem Tacho. Den würden wir nicht halten können, denn nun kommen die ersten Höhenmeter – zwar nicht besonders selektiv, wenn man die bayerischen Alpen gewöhnt ist aber dennoch, um das Feld spürbar einzubremsen. Für einen kurzen Moment blinzelt die Sonne aus den dunklen Regenwolken und taucht die Landschaft in ein goldenes Morgenlicht. Arschkalt ist es trotzdem, ich bin heilfroh, dass ich mich für lang-lang entschieden habe, es ist auch noch nicht klar, ob es gleich wieder regnen wird.

Foto: Sportograf

Wir streifen die sanften Hügel des Teutoburger Walds und wenden uns im Formationsflug wieder in Richtung Münsterland. Immer häufiger tauchen jetzt vor uns Gruppen aus den Startblöcken B und A auf. Wir fahren die Lücken zu, jeder arbeitet mal im Wind, überholen. Ich habe mich entschlossen, dieses Mal auf Riegel oder Gels zu verzichten und ernähre mich komplett aus der Trinkflasche. Das erspart das ständige Gefummel am Trikot und ist einfach sicherer. Ein Kohlenhydratmix mit Mineraltablette und Magnesium – die Mischung bekommt mir hervorragend, ich fühle mich exzellent und über die gesamte Distanz kein einziges Mal schwächer.

Nach 80 Kilometern häufen sich wieder die Ortsdurchfahrten und Häuserpassagen, ständig heikle Kurvenfahrten, die volle Konzentration erfordern. Ich habe Glück, keine Stürze in meinem Umfeld und ausschließlich besonnene Fahrer, die offensichtlich wissen, was sie tun.

foto: Sportograf

Später höre ich, dass es in den Gruppen über 130 Kilometer etliche Stürze gegeben hat, auch ein paar schwerere. Jetzt, gegen Ende des Rennens, treffen wir auf Gruppen aus dem 60-Kilometer-Feld. Sie sind teilweise deutlich langsamer unterwegs und mitunter so zahlreich, dass es schwierig wird, trotz der breiten Straßen links vorbeizuziehen. Schließlich die Zielgerade und da, die Flamme Rouge, der letzte Kilometer.

Ich geben nochmal alles, bin jetzt über 50 Stundenkilometer schnell, bleibe aber im Sattel und verzichte auf einen Schlusssprint im Stehen, um niemanden zu gefährden und auch selbst nicht noch auf den letzten Metern zu stürzen. Wir rollen unter dem Applaus erstaunliche vieler Zuschauer über die Ziellinie und hören unsere Transponder im Chor.

Die nackten Fakten: 106,37 Kilometer in einer Nettozeit von 2:49:36 Stunden, das ist ein Schnitt von 37,4 km/h für mich, in der Gesamtplatz 292 von 1.393 Startern, Platz 58 in meiner Altersklasse. Bene! Ein bisschen mehr wäre drin gewesen, aber ich wusste nicht, wie die Steigungen mir schmecken und war vielleicht ein bisschen zu konservativ. Dafür sind die Kochen heil geblieben – und das geliebte Bike auch.

Ein tolles, schnelles Rennen, perfekt organisiert und abgesichert. Großartiges Erlebnis! Gerne wieder im nächsten Jahr! Danke an alle, die mtigeholfen haben, die Streckenposten, Helfer, Organisatoren!

Zweite Zieldurchfahrt der Profis, mit einem Ausreißer an der Spitze.
Der Zieleinlauf der Profis, mit finalem Sturz; Gewinner wird Alvaro Jose Hodeg.

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