Die Tempomacher von Annemiek und Remco – der Radclub zu Besuch bei Bioracer

„Liebe Leute, genießt euren Tag und seid überrascht von dem, was Bioracer zu bieten hat“ – es sind diese Worte vom Bioracer-Gründer Raymond Vanstraelen, die am Nachmittag, im Anschluss an die mehrstündige Betriebsbesichtigung des Radclubs im belgischen Tessenderlo, noch immer nachklingen. Sich überraschen lassen – die vermeintliche Floskel, die dann aber tatsächlich am besten den Tag und die Eindrücke zusammenfasst. Die Impressionen aus einem Unternehmen, das wie kaum ein anderes für Tradition und modernen Radsport steht.

Fotos: Naima Wieczorreck 

CEO Danny Segers (li.) zeigt, was Bioracer heute ausmacht. Foto: Naima Wieczorreck

„Only sports, no games“

Doch von Beginn an. Es ist der CEO Danny Segers, der höchstpersönlich die Radclub-Delegation im Konferenzraum begrüßt und den Status quo von Bioracer absteckt – zunächst aber zurückblickt. Danny hat 2007 bei Bioracer als Projektmanager angefangen. Damals hat das Unternehmen „nur“ fast 7 Mio Euro Umsatz gemacht – eine bekannte Marke, aber mit viel Aufräumbedarf hinter den Kulissen. Danny vereinheitlichte die Systeme der Abteilungen, führte Microsoft Dynamics ein. In den 15 folgenden Jahren wurde nicht nur die Infrastruktur modernisiert, sondern auch der Umsatz versechsfacht. Bioracer heute:

  • In 26 Ländern aktiv, unterhält Sales-Offices in 23 Ländern – alles Nationen mit Radsport-Affinität
  • Die fast 700 Angestellten sind neben der Zentrale in Belgien auf fünf Produktionsstandorte verteilt, Tschechien, Rumänien, Mazedonien, Kolumbien und Tunesien. Dabei entscheidend: Überall gibt es einheitliche Standards, die gleichen Maschinen, Materialien und Prozesse.
  • 85% des Umsatzes entfallen auf Custom-Designs, Radsportbekleidung z.B. für Vereine, Pro-Teams und Nationalmannschaften (z.B. Belgien, Deutschland) oder einzelne Athleten. 12.000 bis 13.000 neue Designs entstehen pro Jahr, von 30.000 bis 40.000 Designs werden pro Jahr insgesamt 1 Mio Bekleidungs-Artikel produziert.
  • 10% der Erlöse entfallen auf eigene Kollektionen – in Ländern wie USA oder Kanada gibt es kaum Clubs, dort laufen die Kollektionen besonders gut. Der Rest wird durch individuelle Services rund ums Bikefitting verdient.
  • Zu den Sportarten, die Bioracer abdeckt, gehören Radsport, Triathlon, Skaten, Ski und Leichtathletik – „Only sports, no games“, heißt die Devise. Es geht speziell um Sportarten, in denen Bekleidung entscheidend für den Sieg sein kann (weshalb Fußball kein Thema ist).
CEO Danny Segers im Interview mit Daniel Lenz
Das INEOS-Team ist seit 2021 mit Bioracer unterwegs.

Als der INEOS-Chef anrief

Danny berichtet von der DNA der Firma, von den Leitlinien „Leidenschaft, Innovation, Service, Vertrauen, Inklusion“, die möglichst von allen MitarbeiterInnen gelebt werden sollen. Von der absichtlich diversen Zielgruppe der RadsportlerInnen –„Speed ist für jeden wichtig, auch für den mit dem Bierbauch“, versichert Danny mit Blick auf den Firmen-Claim „It’s our mission to make you faster“. Und verrät Details zum Ritterschlag im Profiradsport, der Bioracer von Sir David Brailsford erteilt wurde: 2013 bei der Radsport-WM sprach der damalige Sky-Teamchef Brailsford die Belgier an. Zwar wurde das britische Team damals von Rapha beliefert, doch gute Zeitfahranzüge gab es da nicht, ab 2014 lieferte Bioracer diese an Sky. 2021 kam dann ein Anruf von Brailsford: ob sich Bioracer vorstellen könne, das Team INEOS Grenadiers komplett auszustatten? Konnten Danny & Co. Im Oktober 2021 begann die Zusammenarbeit, für die nächsten drei Jahre. Zwischenzeitlicher Höhepunkt: INEOS-Fahrer Filippo Ganna pulverisierte gerade den Stundenweltrekord – gehüllt in einen passgenauen aerodynamischen Rennanzug von Bioracer.

Zeigte seine maßgeschneiderten Räder: Bioracer-Gründer Raymond Vanstraelen

Wie es mit Bioracer begann

Zwar ist allein das Portfolio von Bioracer heute schon beeindruckend. Und doch ist dieser Eindruck noch steigerungsfähig – beim Blick auf die Firmengeschichte, die der Gründer Raymond Vanstraelen den Radclub-Mitgliedern höchstpersönlich erzählt. Dafür hat der 75-Jährige sogar eine Rede auf Deutsch vorbereitet – hier nachzulesen. Raymond berichtet, wie er selbst Radrennen fuhr, oft dabei siegreich war, u.a. beim Traditionsrennen Köln – Schuld – Frechen.

Erinnert daran, wie er 1977 seine eigene Radsportschule aufbaute und die Biomechanik als sein Steckenpferd entdeckte – und dabei auf Testen und Messen statt Bauchgefühl setzte (bis heute ist „Bioracer“ eine Ableitung von „Biomechanics“ und „Racer“, und das Logo stammt von da Vinci und zeigt den symmetrischen Menschen als Maß aller Dinge). Raymond rekapituliert, wie er in der hauseigenen Garage Bikefittings anbot, später nicht nur ein eigenes Positionsmesssystem und Radschuheinlagen, sondern auch ganze Fahrräder entwickelte und baute – passgenau zugeschnitten auf die KundInnen. Auf prominente Kunden wie Henny Kuyper, der 1985 den Klassiker Mailand-Sanremo gewann, nachdem er ein paar Wochen vorher seine Sitzposition mit Hilfe von Raymond drastisch verändert hatte.

1985 dann die offizielle Gründung von Bioracer – dann allerdings, mit Hilfe seiner Gattin, immer stärker mit dem Fokus auf Textilien. „Ich war immer auf der Suche, wie wir den Radfahrer besser machen können. 1986 bis ’87 begann ich mich mehr und mehr für den Komfort von Kleidung und die Auswirkungen von Kleidung auf die Leistung zu interessieren.“ Wieder ging es in der Garage los, wo die ersten Maschinen ratterten…

Alles, was Bioracer heute ausmacht, wurde schon damals von Raymond angelegt – und bis heute perfektioniert, wie der anschließende Firmenrundgang zeigt. Die folgenden Bilder dokumentieren die Besichtigung.

Bioracer möchte sich insbesondere durch Innovationen von den anderen Herstellern abheben. Hier zeigt der Aero-Experte Jelmer Jacobs das Graphene-Material, aufgedruckte Strukturen aus Kohlenstoff-Kristallen,  die die Wärme vom Körper des Fahrers ableiten.

Schon zu Beginn des Unternehmens hat Raymond maßgeschneiderte Radschuheinlagen angeboten. Diese sollen besonders die Zehen stärker stabilisieren; die Anpassung erfolgt in einer Race-Position.

Die aus Thermoplastik gefertigten Sohlen sollen ca. 15.000km halten.

Mit Bikefittings fing alles an, und auch noch heute gehen die Radsport-Stars bei Bioracer ein und aus, um sich vermessen zu lassen. Sechs Kameras ermöglichen eine 3D-Sicht auf die FahrerIn. Auf dem Monitor zu sehen: die Weltmeisterin Annemiek van Vleuten, bei deren Aero-Position kaum etwas zu verbessern ist.

Bei Wout van Aert fällt der gleichmäßige Krafteinsatz bei der Pedalbewegung auf. Ab 1000 Euro kostet das Motion Aerofitting bei Bioracer.

Ein Blick auf die Sitzposition von Weltmeister Remco Evenepoel.

An Sitzpolstern entwickelt Bioracer kontinuierlich. Eine 3D-Struktur ist heutzutage state of the Bioracer-art.

12.000 bis 13.000 neue Custom-Designs entstehen pro Jahr, von 30.000 bis 40.000 Designs werden pro Jahr insgesamt 1 Mio Bekleidungs-Artikel produziert. Mit „Custom“ erwirtschaftet Bioracer 85% des Umsatzes.

Die Designer sitzen nicht nur in Belgien, sondern auch direkt in den weiteren Zielmärkten wie Deutschland oder Frankreich.

Die crème de la créme des Radsports „hängt“ hier am Haken – signierte Trikots und Zeitfahranzüge der Weltstars aus dem Radsport.

Eine Auswahl der Radsport-Stars, die von Bioracer über die Nationalmannschaften ausgestattet werden.

Hier bedankt sich die aktuelle Straßen-Weltmeisterin Annemiek van Vleuten nach der Olympiade in Tokio bei Bioracer.

Zu den Sportarten, die Bioracer abdeckt, gehören Radsport, Triathlon, Skaten, Ski und Leichtathletik – hier sieht man links einen Eisskaten-Dummy.

Die Trikot-Designs werden mit großen Druckern auf spezielles Papier aufgebracht, das wiederum im nächsten Schritt mit hohem Druck und großer Hitze auf den Stoff gepresst wird – früher gab es dagegen statt des Sublimationsdrucks ein aufwändigeres Siebdruck-Verfahren.

Aus vielen Einzelteilen werden die Trikots zusammengenäht.

Bis zu 30 Jerseys kann diese Maschine auf einmal schneiden.

Bei jedem Bibshort von Bioracer erfolgt das Vernähen der Sitzpolster mit Hilfe dieser Modelle.

Im nahe gelegenen BikeVille Incubator nutzt Bioracer gemeinsam mit Firmen wie Ridley und Lazer einen Windkanal – Bike Valley heißt das Gebiet, da viele Fahrradfirmen hier aktiv sind.

Unten in diesem Saal ist ein showroom, der auch von Profiteams für Teampräsentationen genutzt wird.

Absichtlich „dirty“:  Ridley stellt das Gravelbike aus, mit dem Nol van Loon das Unbound-Grvel-Race (ehemals „Dirty Kanza“) gefahren ist.

Im speziellen Lowspeed-Windtunnel (bis zu 100 km/h) werden Aero-Positionen optimiert, daneben mieten aber auch Firmen wie ABUS den Windkanal, um die eigenen Produkte zu testen.

Im Klima-Raum werden FahrerInnen und Materialien auf ihre Hitzebeständigkeit hin überprüft.

Die Radclub-Mitgliedschaften in der Übersicht

Basis

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Mag

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30€* – 70€/ Jahr

R2C2

  • R2C2-Trikot von Bioracer oder andere Prämie
  • Ab dem 2. Jahr neue Artikel aus der R2C2-Kollektion
Und alle Vorteile aus dem PaketMag
Und alle Vorteile aus dem PaketBasis
ab 99€/ Jahr